Als wir am 31. März 2020 wegen der Corona Pandemie Vietnam verlassen mussten, ahnten wir nicht wie lange es dauern wird bis wir wieder zurückkehren können.
Noch heute sind die Grenzen dicht, auch wenn es die ersten Verlautbarungen gibt, die auf eine baldige Öffnung hoffen lassen.
Nachdem Corona Vietnam bereits Ende Januar 2020 erreicht hatte, reagierte die vietnamesische Regierung sofort. Grenzschließungen, Lockdowns und andere strikte Maßnahmen wurden eingeleitet, mit dem Ziel Corona massiv zu bekämpfen und aus Vietnam zu verbannen.
Bis Ende April 2021 waren diese harten Maßnahmen äußerst erfolgreich. Nach 14 Monaten gab es erst 3.500 Erkrankungen mit 35 Todesfällen. Dann aber kam die Delta Variante auch nach Vietnam. Daran scheiterte die Null-Covid-Politik vollkommen.
Nun ein halbes Jahr später gibt es mehr als 1,25 Millionen Erkrankungen mit etwa 25.000 Toten. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt etwa 90.
Obwohl all diese Zahlen noch deutlich unter denen in Deutschland liegen ist das schon eine sehr komplizierte Situation für Vietnam und das dortige Gesundheitswesen. Vietnam hat wie alle armen Länder erst sehr spät Impfstofflieferungen erhalten und bemüht sich massiv darum schnell zu impfen. Etwa 80 Prozent der über 18jährigen hat bereits die Erstimpfung erhalten und etwa 55 Prozent die Zweitimpfung.
Bis zum Jahresende will man alle Bürger über 18 Jahren vollständig geimpft haben. Die Kinder zwischen 12 und 18 Jahren werden jetzt auch schon geimpft und man hofft auf den Impfstoff für die jüngeren Kinder zwischen 5 bis 11 Jahre. Das sind für ein Entwicklungsland beeindruckende Zahlen. Es gibt aber auch dort keine Impfgegner.
Täglich lese ich vier vietnamesische Zeitungen, um rechtzeitig zu erfahren wann Vietnam wieder seine Grenzen öffnen wird. Seit November ist es für Reisegruppen wieder möglich nach Vietnam zu kommen. Voraussetzung ist die vollständige Impfung gegen Covid 19, ein PCR Test vor dem Abflug und eine Quarantäne in einem Resort außerhalb der Städte.
Vom Dezember an sollen dann weitere Lockerungen erfolgen mit Wiedereröffnung der internationalen Flugrouten, aus 15 Länder die eine hohe Impfrate haben, darunter auch Deutschland.
Wir hoffen, dass es ab dem Januar 2022 dann endlich auch für uns Möglichkeiten gibt, nach Vietnam zu kommen und endlich Luong und Dung wiederzusehen. Dafür sind wir auch gern bereit eine Quarantänewoche in einem guten Hotel oder einem Strandresort zu verbringen.
Wichtig ist, dass es wieder Visa für Langzeitaufenthalte gibt.
Schon bevor wir Ende März 2020 abreisen mussten, war Luongs Vater Hong schwer erkrankt. Wochenlang war er in der Kreisstadt Ha Tinh im Krankenhaus. Dort teilte man den Angehörigen mit, dass die Ärzte dort ihm nicht mehr weiterhelfen könnten.
Er wurde nach Hause verlegt aber musste kurz darauf erneut ins Dorfkrankenhaus. Doch Ende Mai gab man ihn zum Sterben nach Hause.
Am 16. Juni wollte Dung seinen 9. Geburtstag feiern, nachmittags im Kreis all seiner Mitschüler. Da kam die Nachricht, dass sein Opa Hong gestorben ist. Die Feier wurde abgesagt und Luong ergatterte noch zwei Flugtickets für den nächsten Morgen.
Am 20. Juni wurde Hong dann im Kreis der gesamten Familie beerdigt.
Anfang 2020 kam Luong mit der Vermietung von Wohnungen kaum noch nach. Ständig war sie unterwegs um Kunden zu treffen. Etwa 25 Piloten, die für Vietnam Airlines, VietJet oder Bamboo Airlines in Nha Trang stationiert waren, hatten Wohnungen bei Luong gemietet. Es waren vor allem Kunden aus England, Russland, USA, Brasilien, Frankreich, Indonesien. Das Geschäft blühte.
Dann mit dem Schließen der Grenzen am 15. März 2020 brach das Geschäft sukzessive ein. Immer mehr Piloten mussten erst ihre Flüge reduzieren und dann bald die Fluggesellschaften verlassen. In den ersten Monaten war Luong damit beschäftigt die Eigentümer der Wohnungen zu bewegen, die Mieten drastisch zu reduzieren, um an die gekürzten Einkommen der Piloten angepasst zu werden. Danach mussten immer mehr von ihnen leider ihre Koffer packen und aus Vietnam ausreisen. Inzwischen stehen in Nha Trang 90 Prozent dieser Ferienapartments in Meeresnähe leer.
Damit begann ein totaler Einschnitt in Luongs Geschäft. In der Zwischenzeit sind ihre derzeitigen Einnahmen so gering geworden, dass wir Luong und die Kinder wieder regelmäßig finanziell unterstützen müssen. Das Geld, das Luong in den letzten Jahren gespart hatte, soll nicht angerührt werden, da es für die Zukunft der Kinder sein soll.
Erst wenn der internationale Tourismus wieder möglich sein wird kann sich die Situation zum Positiven verbessern.
Im Herbst 2020 sind Luong und Dung dann umgezogen in einen anderen Stadtteil von Nha Trang. Sie wohnen dort in der 8. Etage in einem neuen großen Apartmenthaus. Eigentlich hat das Haus auch einen Gym und Outdoor Pool auf dem Dach des Parkhauses. Wegen der Corona Pandemie ist der Bereich aber fast ständig geschlossen gewesen.
Oft waren auch die komplette Stadt Nha Trang oder der Stadtteil Phuoc Hai in völliger Quarantäne mit Ausgangssperren. Dann konnten selbst alle Einkäufe nur vom Militär oder von der Polizei erfolgen. Für die Bestellungen gab es Formulare entweder analog oder im Internet. Die Waren wurden dann an der Eingangstür in Empfang genommen und bezahlt.
Dung ist nun auch schon 10 Jahre geworden und geht in die fünfte Klasse. Die 4. Klasse hat er als einer der besten Schüler bestanden und dafür neben einer Urkunde 23 Schulbücher und Lernhefte von der Schule geschenkt bekommen. Da war er sehr stolz.
Seinen 10. Geburtstag konnte er wegen der Corona Regeln nur im kleinen Kreis mit Luong und seinem Onkel Vinh in unserem Lieblingsrestaurant Olivia feiern. In diesem Jahr haben wir ihm ein neues Fahrrad geschenkt mit einer 10-Gang-Kettenschaltung.
Im Halbjahreszeugnis in der fünften Klasse hat Dung erneut gute Noten erzielt. In Vietnam ist die Zehn die beste Note in der Schule. Dreimal hat er im Zeugnis die 10 stehen und dreimal die 9.
Mit dem Ende der fünften Klasse endet auch die Grundschule in Vietnam und die Kinder werden dann für die nächsten vier Jahre zur Sekundarstufe 1 versetzt.
Deshalb ist es wichtig, dass er besonders gute Noten bekommt, um dann auf einer richtig guten Schule aufgenommen zu werden. Nach langem Online Unterricht gehen die Schüler jetzt wieder zum Wechselunterricht.
Minh lebt weiter bei Luongs Mutter. Er ist inzwischen auch schon 14 Jahre geworden. Da der Großvater tot ist hilft er seiner Großmutter wo er kann. Er hat viele Freunde in der Nachbarschaft mit denen er auch häufig Fußball spielt.
Auch für ihn ist dieses 9. Schuljahr sehr wichtig, da im Mai die Versetzung in die Sekundarstufe 2 ansteht. Deshalb bemüht sich Luong häufig mit ihm online zu lernen. Besonders in Englisch hat Minh noch erheblichen Nachholbedarf.
Während der Tet Zeit im letzten Februar und während der Sommerferien im Juni waren beide Brüder wieder wochenlang vereint und haben die gemeinsame Zeit sehr genossen.
Alle, die unsere Berichte schon häufiger gelesen haben wissen, dass Vinh, der Bruder von Luong, nach seinem Jurastudium katholischer Pfarrer werden wollte. Da es zu viele Bewerber gab, bekam er nach dem einjährigen Einstiegskurs eine Absage. Daraufhin nahm er eine Stelle als Immobilienkaufmann in Nha Trang an.
Nachdem der Weg als Pfarrer nicht mehr möglich war, erwischte ihn nun aber die Liebe und bald war er in seiner alten Heimat mit Hien verlobt. Hien ist Apothekerin und besitzt dort im Norden eine eigene Apotheke. Im Dezember 2020 heirateten die Beiden und schon drei Monate später im Februar 2021 waren sie Eltern einer Tochter.