Anfang Januar sind wir wieder nach Vietnam zurückgekehrt. Zwei Tage blieben wir in Saigon und wohnten wieder mal im alten Grand Hotel Saigon aus der französischen Kolonialzeit. Bereits 2009 waren wir sehr angetan von dem Hotel in der Dong Khoi Straße, der früheren Rue Catinat.
Abends kehrten wir dann erneut ins kleine Restaurant Cocotte ein, dessen französischer Besitzer leckere Speisen aus seiner Heimat anbietet. Sowohl das „Magret de Canard“ wie auch das „Confit de Canard“ waren köstlich. Dazu passte auch der gute Wein von der Rhone.
Zwei Tage später ging es dann nach Nha Trang, wo wir schon freudig erwartet wurden. Sicher nicht nur wegen der nachträglichen Weihnachtsgeschenke, die wir vor allem Dung aus Deutschland mitgebracht hatten.
Zum Glück war das Wetter nun deutlich besser, als noch im November. Nicht zu heiß, etwa 27°, aber ganz ohne Regen. Dafür aber weht häufig ein kühler Wind aus dem Norden.
Mitte Januar haben wir uns für ein Wochenende in einem neuen Resort am Meer dem Duyen Ha in Cam Ranh eingemietet, etwa 35 km entfernt von Nha Trang. Wir buchten dort eine kleine Villa mit privatem Pool, Wohn- und Essbereich und zwei Schlafzimmern.
Das Ganze war auch zur Belohnung für Dung gedacht, der gut in der Schule ist und zusätzlich viermal in der Woche auch noch die Abendschule bei seiner Lehrerin besucht. Da braucht er auch mal Erholung.
Die ganze Anlage ist einfach traumhaft. Zwei riesige Pools sind in der Anlage, jeder 70 x 30 m. Der Strandbereich ist super gepflegt und die flache Bucht besonders kindgerecht.
Abends aßen wir im Beachhouse Restaurant Speisen cross over Vietnam und Brasilien. Hat toll geschmeckt.
Luong Makler Tätigkeit läuft sehr gut und für vietnamesische Verhältnisse verdient sie ordentlich und kann davon regelmäßig Geld auf der Bank für die Kinder zurücklegen. In der letzten Zeit kamen aber weniger russische Klienten über ihre Partnerin Julia. Stattdessen gelang es mehr europäische Kunden über die Website oder über das Expat Portal zu gewinnen. Auch in der wichtigen koreanischen Zielgruppe konnte sie nun Kunden gewinnen. Leider war ihr Bruder Vinh in den letzten Wochen kaum noch Hilfe für Luong.
Vinh hat seit Mitte Dezember, aufgrund seines Abschlusses in Jura, ein Praktikum bei einer großen Immobilienfirma gemacht. Dort lernte er vor allem die Grundlagen der Bewertung und des Verkaufs von Immobilien. Von den ursprünglich fast 60 Praktikanten wurden Anfang Februar dann 20 übernommen. Dazu gehört auch Vinh. Sein zukünftiges Einkommen ist aber total abhängig vom Erfolg, da sie nur für getätigte Verkäufe bezahlt werden. Aber – es sieht gar nicht schlecht aus, da Nha Trang zu einer echten Boomtown im Immobilienbereich wird. Dazu aber später mehr.
Aufgrund dieser Entwicklung wird es nach dem TET – Neujahrfest zu erheblichen Veränderungen kommen.
Vinh will nach Tet sich entweder allein oder mit seinem besten Kumpel eine eigene Wohnung mieten. Das können wir gut verstehen, da er ja auch schon 28 Jahre alt ist. Damit fällt er aber vor allem aus, wenn es darum geht Dung von der Schule abzuholen, ihn zu beaufsichtigen und z. B. zur Abendschule zu bringen.
Solange wir noch bis Anfang April da sind können wir das auch realisieren. Aber Luong braucht wieder eine bezahlbare Vertrauensperson, mit der sie zusammen das Geschäft betreibt. Das kann aber nur jemand aus der Familie sein, da Luong ansonsten befürchten muss, dass ihre internen Informationen, vor allem über die Besitzer und Vermieter der Häuser, von anderen missbraucht werden.
Deshalb soll jetzt Luongs Schwester Tinh aus Saigon kommen. Tinh ist Lehrerin und arbeitet in einer privaten Schule in Saigon. Da sie schon seit vielen Jahren dort tätig ist, ist die Schule wohl bereit sie auch für lange Zeit zu beurlauben. Tinh kann sich dann vor allem um Dung kümmern und Luong entlasten. Dadurch besteht auch die Möglichkeit, dass der ältere Sohn Minh in den Sommerferien für knapp drei Monate nach Nha Trang kommen kann.
Luong wird dann auch sukzessive Tinh in die Maklertätigkeit einführen, damit sie auch tagsüber zu einer echten Hilfe wird.
Ganz Asien ist im Februar auf dem Weg nachhause, um mit der Familie das asiatische Neujahrfest zu feiern. Unbeschreiblich wie viele Menschen dann unterwegs in die Heimat sind.
In knapp einer Woche fahren Luong und Dung 1.200 km in ihre alte Heimat nach Ha Tinh, um mit der Mutter, dem anderen Sohn Minh und anderen Teilen der Familie das Neujahrsfest zu verbringen.
Luongs Bruder Vinh fährt 150 km zur Kaffeefarm von Vater nach Daklak, wo der andere Teil der Familie gemeinsam feiern wird. Luongs Vater soll weiterhin in Daklak bleiben, da die ärztliche Versorgung nach dem Herzinfarkt dort besser ist.
Elke und ich werden dann rund drei Wochen hier in Nha Trang ohne Luong und Dung sein. Auch mal ganz nett. Mal sehen was wir alles unternehmen werden.
Die Stadt wird dann wieder voll mit Touristen sein. Die Preise für Übernachtungen in Hotels und Apartments sind schon unglaublich angestiegen. Ebenso die Preise für Flug- und Bahntickets. Fast alles ist ausgebucht und ausverkauft.
Die meisten Touristen kommen mit ihren ganzen Familien besonders über Tet aus China und Korea. Es ist noch deutlich preiswerter in Vietnam die Familie Tet feiern zu lassen als in China oder Südkorea.
Das Geld der Chinesen wird hier zwar gern genommen aber die Chinesen selber weiterhin nicht gemocht. Das hat sicher etwas mit der eintausend Jahre währenden Besetzung durch die Chinesen zu tun aber auch mit den Verhaltensweisen der chinesischen Touristen. Leider sind sehr viele von ihnen wirklich sehr laut und rücksichtslos.
Besonders geliebt werden dagegen die koreanischen Touristen. Südkorea ist für viele Vietnamesen ihr großes Vorbild. Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht. Viele der Menschen von dort entsprechen dem absoluten Schönheitsideal der Vietnamesen. Außerdem gelten die Touristen von dort als wohlhabend, rücksichtsvoll und sie bezahlen auch fast jeden Preis, ohne zu handeln.
Als wir vor vier Jahren beschlossen uns in Nha Trang eine Bleibe zu suchen, die Luongs neue Heimat wird, da war Nha Trang noch ziemlich verschlafen. Für die Franzosen war Nha Trang immer das zweite Nizza und die Küstenstraße Tran Phu mit der Promenade ähnelte auch sehr stark dem Original.
Einige wenige Hochhäuser lagen an dieser Straße und beherbergten vor allem die internationalen Hotels von Intercontinental, Sheraton, Costa und anderen.
Vor drei Jahren begann aber ein unbeschreiblicher Bauboom. Viele Hochhäuser entstanden, manche davon Hotels aber unzählige sind Apartmenthäuser.
Es ist unglaublich welche Menschenmassen in langen Schlangen warten, wenn der Verkauf der Apartments beginnt. Da sind die Häuser aber noch kaum angefangen und existieren erst in Hochglanzbroschüren. Jeder der es sich leisten kann greift zu.
Nicht nur zum Eigenbedarf, sondern um es entweder teurer weiterzuverkaufen oder teuer zu vermieten. Das kann durchaus auch mal ganz schlecht ausgehen.
Das Muong Thanh am River Cai steht seit zwei Jahren im Baustopp, da die Firma statt der genehmigten 40 Etagen 44 Etagen gebaut hat. Auch unsere ehemalige Vermieterin Frau Ngoc hat dort zwei Wohnungen gekauft und hat seit zwei Jahren keine Mieteinnahme.
Die Firma Muong Thanh ist die größte Hotel- und Apartment Firma in Vietnam. Sie besitzt bisher 95 große Anlagen. Trotzdem ist sie mit diesem Versuch gescheitert. Da hat wohl auch kein Teegeld geholfen.
Die Preise für Immobilien steigen ständig weiter. Wir haben uns immer gefragt woher die Käufer das ganze Geld haben, im angeblich kommunistischen Vietnam. Da gibt es zwei Hauptquellen. Die meisten haben von ihren Eltern Grund und Boden geerbt und können ihn nun zu hohen Preisen weiterverkaufen.
Viele andere sind Nutznießer der grassierenden Korruption im Land. Da haben wir auch schon etliche kennengelernt, deren Haupteinnahme Gelder aus der Korruption sind.
Irgendwann wird wie überall auf der Welt diese Immobilienblase platzen aber derzeit glauben fast alle an eine glorreiche Zukunft damit. Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht heraus, wenn ich mir dann den Business Case durchrechne. Da wird Geld verbrannt ohne Ende. Die ersten Käufer verdienen noch am Weiterverkauf und die Gutgläubigen, die danach von ihnen kaufen, können einfach nicht rechnen, sondern leben von der Hoffnung. Die ja bekanntlich zuletzt stirbt.
Für Vinh und Luong bietet diese Situation Möglichkeiten auch ab und an einzelne Verkäufe zu organisieren und dafür ihre Provision zu erhalten. Da sind sie natürlich nicht an den großen Deals beteiligt aber es kann noch genügend abfallen.
Elke und ich finden es aber erschreckend wie sich in nur vier Jahren die Stadt verändert hat. Für die meisten Einwohner ist es sicher ein wirtschaftlicher Fortschritt. Wir würden uns aber lieber das verträumte Nha Trang zurückwünschen, das wir kennen und lieben lernten.
Es geht aber weiter. Mitten in der Stadt, an der Küste befindet sich der alte Militärflughafen der Amerikaner. Nach deren Abzug wurde er weitergenutzt als Ausbildungsflughafen für die Marineflieger. Aber das Gelände dort könnte natürlich die absolute Perle im Immobiliengeschäft von Nha Trang sein.
Das haben wir schon vor Jahren gesagt. Nun ist es soweit und man beginnt die Umgestaltung zu realisieren. Auf Websites und in Hochglanzbroschüren wird Werbung für das neue Projekt gemacht und unzählige Parzellen wurden schon zu absolut phantastischen Preisen verkauft. Riesige Hotels sollen entstehen und unzählige Apartmenthäuser. Der Quadratmeter unbebauter Grund soll bei den Villen und Apartmenthäusern ab 2.500 Euro kosten, in strandnaher Lage bis zu 25.000 Euro.
Das Ganze wird sicher auch viele Arbeitsplätze für die Vietnamesen bringen und damit zum weiteren Anstieg der Mittelschicht in Vietnam führen. Es werden aber leider auch Blasen entstehen, die später ihre negativen Folgen zeigen werden, wie in vielen anderen Ländern die wir bereist haben. Aber so ist nun mal die Welt.
Im Fußball gibt es ja nicht nur die Bundesliga. Die meisten Vietnamesen sind auch Fußball verrückt und viele wie z. B. Luongs Bruder Vinh kennen in England, Spanien und Deutschland jeden Verein und ganz viele Spieler und Trainer.
Bisher war Vietnam im internationalen Fußball nicht sehr erfolgreich. Nun hat sich für sie aber vieles geändert. In China fand in den letzten Wochen die Asienmeisterschaft für die U23 statt.
Alle asiatischen Nationen, sogar Syrien und Irak plus Australien, nahmen daran teil. Bei jedem Spiel von Vietnam stand das ganze Land still, wie bei uns letztlich beim "Sommermärchen" 2006. Party ohne Ende.
Nicht die hochbezahlten Fußballer aus China, Südkorea oder Japan kamen ins Endspiel. Vietnam schaffte es unerwartet bis ins Finale gegen Usbekistan. In der letzten Minute der Verlängerung bei dichtem Schneetreiben verloren sie aber noch 2:1.
Noch niemals hatte ein Vietnamese im tiefen Schnee Fußball gespielt. Die Halbzeitpause wurde sogar auf eine Stunde verlängert, damit der Platz vom tiefen Schnee geräumt werden konnte.
Trotz der Niederlage waren Parties und Mopedkorsos auf allen Straßen angesagt. Ein Glück, dass sie nicht gewonnen haben, sonst wären sie alle komplett verrückt geworden.Nun sind die Spieler alle Helden und wurden bei ihrer Rückkehr auch so in Hanoi und ihren Heimatstädten empfangen.