Zweieinhalb Monate in der Ferne

Das Wetter

 

Eigentlich sollte es Ende November jeden Jahres mit der Regenzeit vorbei sein. Aber am 11.Dezember kehrte der Regen zurück. Richtiger Tropenregen, bei dem es stundenlang aus vollen Kübeln schüttete. Das hieß für uns rund vier Wochen lang dem Strand Ade zu sagen und zuhause zu bleiben.


Erstmals am 30. Dezember konnten wir an einem Tag wieder in der Sonne liegen und im Meer baden. Die Einheimischen erklärten uns, dass es solch ein Regenwetter noch niemals in dieser Zeit in Nha Trang gegeben hat.

Trotzdem genießen wir es jeden Tag drei Stunden mehr Tageslicht zu haben als in Deutschland und wenigstens 25°C.

 

Ins Landesinnere

 

Am 4. Dezember sind wir mit dem Mietwagen aufgebrochen, um erst nach Dalat und dann in die Kaffeeregion zu fahren. Das wurde noch kompliziert, weil der erste Vermieter plötzlich mit seinem Wagen in Quy Nhon war und nicht rechtzeitig nach Nha Trang kommen konnte, um mir das Fahrzeug zu übergeben. Da mussten wir noch mit der Unterstützung unseres Vermieters ganz kurzfristig ein Ersatzfahrzeug mit entsprechender Versicherung finden. Hilfreich war natürlich mein vietnamesischer Führerschein.


In Da Lat verbrachten wir drei nette Tage, besonders das Hotel Terrasse des Roses hat uns sehr gut gefallen. Leider fiel mir ein Tag in Dalat aus, den ich im Bett verbringen musste. Ich hatte dort am ersten Tag im Thai Restaurant wirklich scharfes Curry gegessen. Danach ging es mir erstaunlicherweise sehr dreckig. Wahrscheinlich hatte ich mir trotz der Schärfe irgendeinen Erreger eingefangen. Fünf Tage ging es mir schlecht, aber es war gut fürs Gewicht.

 

Dalat Hotel Terrases des Roses with our rental car
Hotel Terrasses des Roses mit unserem Leihwagen davor

Auf der gesamten Strecke sind wir mit dem Auto etwa 750 km gefahren. Teilweise auf Straßen, die den Namen nicht verdienen. Da haben wir in Australien im Outback bessere Pisten gehabt. Am besten, war noch die Straße von Nha Trang nach Da Lat und die von Buon Ma Thout (BMT) zurück nach Nha Trang.


Aber die Straße von Da Lat nach Buon Ma Thout war schrecklich. Auch die Straße von BMT nach Buon Ho zur Kaffeefarm der Eltern, die 40 km lang wegen Bauarbeiten komplett aufgerissen war. Wir haben es nirgends geschafft eine Durchschnittsgeschwindigkeit zu fahren, die höher lag als 35 km/Std.


Tiefste Schlaglöcher, denen man ständig ausweichen muss, säumen alle Straßen. Die Infrastruktur ist so schlecht, weil die Korruption in den örtlichen Behörden überall immens ist, so wird uns immer erzählt. Der größte Teil der öffentlichen Gelder z. B. für den Straßenbau soll in den Taschen der Bürokraten in den regionalen Behörden verschwinden.

Kaffee Farm

 

Wir waren wir dann auf der Kaffeefarm. Dieses Mal war Luongs Mutter da und der Vater auf der Farm bei Ha Tinh. Ein Bruder, zwei Schwestern und der Ehemann einer Schwester waren auch da, um uns zu begrüßen.


Luongs Schwester Tinh aus Saigon fuhr mit Mutter, kurz bevor wir kamen, zum Einkaufen auf den Markt und beide hatten dann auch noch einen Sturz mit dem Motorbike hinter sich. Beide holten sich dabei blutende Blessuren.

Luong and her sister Tinh
Luong und ihre Schwester Tinh
Children from the neighbors with xe cây
Nachbarskinder auf dem xe cây

Dung and coffee from farm
Dung mit den Nachbarskindern. Sie stehen auf trocknendem Kaffee

 

Dann gab es Phó Bộ, die leckere Rindfleischsuppe die Luongs Mutter gekocht hatte. Wir haben dann wir viel über Kaffee, Kaffeeernte und -verkauf gesprochen und gelernt.

In Buon Ma Thout wohnten wir drei Tage im Coffee Tour Resort.

Wirtschaft und Finanzen

 

Der Wirtschaftskrieg gegen Russland trifft die Region um Nha Trang sehr, da seit vielen Jahren russische Familien die Mehrheit der Urlauber stellen. Das liegt an den Direktflügen von Moskau nach Nha Trang. Da aber die hiesige Währung, der vietnamesische Dong, direkt an den Dollarkurs gekoppelt ist, trifft es russische Urlauber hart, weil der Rubel in den letzten sechs Monaten etwa 50% Wertverlust erlitten hat. Damit ist für sie alles doppelt so teuer geworden.

 
Wir müssen deshalb leider erleben, dass die Anzahl der Touristen deutlich zurückgegangen ist. Nicht nur die der Russen, sondern auch Deutsche und Franzosen kommen seltener, da auch für uns Europäer durch den niedrigen Eurokurs alles mehr als teurerer ist, als noch vor sechs Monaten. 


Schon einmal, in den Jahren 2008 und 2009, hatte die Finanzkrise, ausgelöst in den USA, die wirtschaftliche Entwicklung Vietnams erheblich zurückgeworfen. Nachdem der Tourismus dann endlich wieder blühte, begann man in den letzten zwei Jahren auch verstärkt neue Hotels und Apartmenthäuser zu bauen. Dort wird jetzt leider viel Leerstand sein.

Sicher werden viele Vietnamesen dadurch ihre Jobs hier verlieren. Aber was juckt das Europa und die USA.

 

Russen in Nha Trang

 

Hier an dieser Stelle müssen wir auch mal eine Lanze brechen für die Russen, mit denen wir hier seit Monaten zusammenleben. Was haben wir auf unseren unzähligen Reisen durch die weite Welt nicht alles gehört, über die schlechten Manieren der Russen. Nur, wir können und wollen dazu nichts Negatives beitragen.


Ich vermute, da wir weltweit immer um die All-inclusive-Hotels einen großen Bogen gemacht haben, wurde uns viel erspart. So sind wir niemals mit Kampftrinkern zusammenzukommen. Vielleicht ist für manche Russen das All-inclusive-Angebot im Urlaub dasselbe, was für manche Deutsche der Ballermann ist, oder für Jugendliche das Flatrate-Besäufnis in der Disco.


Schon Anfang des Jahres in Thailand erlebten wir nur nette russische Familien ohne jede Trunkenheit. Dasselbe nun in Nha Trang. Nicht ein zechender Russe in zweieinhalb Monaten Vietnam.


Das wirklich Auffällige an ihnen ist die Einstellung zur Mode und zum eigenen Körper. Ja, viele Russinnen und Russen neigen nun mal ab dem vierzigsten Lebensjahr zum strammen Übergewicht. Aber bei der Kleiderwahl spielt das überhaupt keine Rolle. Sehr dicke Menschen in kleinen Bikinis und kleinsten Badehosen. Das sieht nicht sehr schön aus aber anscheinend sind wir die Einzigen, die das bemerken. 

 

Nha Trang Gorki Park
Elke im russischen Strandrestaurant Gorki Park

Touristen und Geld fehlen

 

Leider sind wir mit der Arbeit an Luongs Zukunft keinen Schritt weitergekommen. Wie schon geschildert leidet der Tourismus hier in Nha Trang durch Ereignisse, die die Vietnamesen und wir nicht beeinflussen können. Die Anzahl der Urlauber und deren Kaufverhalten haben sich ganz erheblich verändert, gegenüber der Zeit vor sechs Monaten. Das Geld sitzt vor allem bei den Russen nicht mehr locker. Kein Wunder, wenn man nur noch die Hälfte im Portemonnaie hat.


Elkes Vorstellung, hier einen Laden für Schuhe, Handtaschen und Accessoires zu eröffnen, müssen wir deshalb erst einmal zurückstellen und an anderen Möglichkeiten arbeiten.

 Kommt Zeit kommt Rat. Da bleiben wir gelassen.


Jetzt haben wir Luong jetzt erst einmal für diverse Computerkurse angemeldet, damit die Zeit nicht ungenutzt verstreicht. Angefangen hat sie im Dezember mit entsprechenden Word- und Excel-Kursen.

 

Luongs Geburtstag

 

Noch niemals zuvor hatte Luong ihren Geburtstag gefeiert. Das spielt in Vietnam nicht solche Rolle wie hier bei uns. Vor allem nicht bei armen Menschen.


Jedenfalls war sie hell begeistert über ihre Geschenke, die Torte und die lustigen Geburtstagshüte.

Abends sind wir dann besonders lecker essen gegangen in Nha Hang Yen‘s Restaurant.

 

Luong and Dung with birthday cake
Luong und Dung mit der Geburtstagstorte

Weihnachten und Neujahr

 

Weder Weihnachten noch Neujahr gehören eigentlich zu den asiatischen Feiertagen. In Asien wird das Neujahrsfest dieses Jahr ab dem 19.Februar zehn Tage lang gefeiert.


Deshalb waren wir mächtig überrascht, wie nett alles zu Weihnachten dekoriert war. Künstliche Weihnachtsbäume mit Kugeln und Lichtern überall, in den Geschäften, den Hotels, und in vielen Häusern, nicht nur bei den Katholiken. Weihnachtsmusik überall, zum Glück nicht so extensiv wie in Deutschland.

Am 25. Dezember ist inoffizieller Feiertag und dann haben auch alle Schulen und Behörden geschlossen.

 
Für Weihnachten und Neujahr wurden alle großen Straßen mit vielen Lichterketten wunderschön geschmückt. Wir sind froh, dass diese stimmungsvolle Beleuchtung erst nach dem hiesigen Neujahrsfest Ende Februar abgebaut wirf. Es sieht einfach wunderschön aus.

 
Sylvester haben wir erst im Restaurant gemeinsam gegessen und dann um 24.00 Uhr auf unserer Dachterrasse gesessen, um aufs Feuerwerk zu warten. Leider wurden wir enttäuscht. Später lasen wir, dass erst am 19. Februar ein großes Feuerwerk zum „richtigen“ Neujahrsfest veranstaltet wird.

Essen und trinken

 

Auch nach zweieinhalb Monaten vermissen wir noch immer nicht das westliche Essen. Wir sind voll auf die vietnamesischen Speisen eingestellt. Das gilt für die Auswahl der Restaurants und auch für das, was wir zuhause selbst zubereiten.

 

Nur das Frühstück ist jeden Morgen traditionell. Baguettes, Käse, Wurst, Marmelade, Eier. Dazu köstliche Früchte, die wir hier in hervorragender Qualität kaufen können.

Ein voller Genuss ist auch der vietnamesische Kaffee, der nicht nur köstlich schmeckt, sondern auch durch die wenige Säure voll bekömmlich ist.

 
Abends gibt es immer zuerst Salate. Grüne Papaya, grüne Mangos und Bananenblüten bilden die Grundsubstanz. Dazu kommen Sprossen, vietnamesische „Vegetables“ und Kräuter, die wir in Europa kaum kennen. Koriander und Basilikum sind gebräuchlich aber das andere wächst nur hier. Dazu gibt es dann meistens Shrimps und anderes Seafood oder mariniertes dünn geschnittenes Rindfleisch. Weiterhin essen wir gern frische Frühlingsrollen. Die sind roh und nicht gebraten. Im Reispapier stecken ebenfalls Kräuter, „Vegetables“, Nudeln und Shrimps. Eingetunkt werden sie in köstliche Würzsoßen.

 
Auch die Hauptgerichte bestehen bei uns zum größten Teil aus allem, was aus dem Meer kommt. Tintenfische, Shrimps, Fische meist gegrillt oder gebraten. Dazu gebratenen Reis oder gebratene Nudeln mit vielen „Vegetables“ und Kräutern.

 


Medium Shrimps
Medium Shrimps

 

Köstlich sind hier die Nationalgerichte Pho Bo und Pho Ga. Rindfleischsuppe und Hühnersuppe mit „Vegetables“ und Nudeln. Elke war erst skeptisch, dann aber hell begeistert. Einmal in der Woche muss Luong mit dem Topf zum Pho Laden gehen und für uns die Suppe ins Haus holen.


Dazu trinken wir, wenn im Restaurant vorhanden, Weißwein aus Da Lat. Durch einen geringen Zusatz an Maulbeeren schmeckt dieser Weißwein sehr frisch und eigen. So ein kleiner Hauch Retsina scheint dabei zu sein.

Wenn es mal keinen Weißwein gibt, dann trinken Elke und ich Saigon Bia. Das ist leicht und löscht den Durst hervorragend, wenn es warm ist.

Dung

 

Zum Abschluss noch zu Luongs Sohn Dung. Er ist unser kleiner Sonnenschein, klug, hübsch und charmant. Aber manchmal ist ein „little devil inside“, wie ich dann zu Luong sage, wenn er mal wieder versucht seinen dicken Kopf durchzusetzen.

 
Seit zwei Monaten geht er jetzt in den Kindergarten. Das ist gut für ihn und sein Sozialverhalten und es ist gut für uns. Wenn er im Kindergarten ist, dann können wir uns mal um uns selbst kümmern. Ansonsten steht er natürlich immer im Mittelpunkt und das ist nicht gut für ihn und für uns.

 
Die vietnamesische Art Kinder zu erziehen ist uns schon sehr fremd. Eigentlich können Kinder tun und lassen was sie wollen. Das ist zuhause so aber auch in der Öffentlichkeit, z. B. im Supermarkt. Man hat immer das Gefühl die Kinder haben ihre Eltern gut im Griff. Das hängt sicher damit zusammen, dass man in Asien Konflikte nicht offen austrägt. Auch nicht mit Kindern. So ist es üblich, dass kleine Kinder nach den Eltern heftig schlagen und die nur darüber lachen. 

Dung at beach
Dung am Strand

 


Natürlich läuft das bei uns nicht. Da musste Dung schon umdenken. Das ging auch sehr gut, da wir ihm beigebracht haben was „Ja“ und „Nein“ bedeuten und ihm gezeigt haben, dass wir ihn lieben aber immer konsequent sind. Da mussten wir schon Geschrei und Weinen ertragen, bis er verstanden hatte.


Ein Problem konnten wir aber nicht lösen und werden wir auch wohl nicht lösen können. Das Problem erschwert hier aber alles, auch im Zusammenhang mit Luongs Zukunft.


Kinder bis zu acht Jahren gehen hier anscheinend niemals allein schlafen, sondern immer mit Mutter, Vater, Großmutter oder Großvater in einem Bett.

Dadurch haben wir abends immer die Situation, dass Luong mit ihm rechtzeitig ins Bett muss, damit er morgens nicht übermüdet ist und quengelt.

 



Spätestens 21:00 Uhr verschwindet Luong mit ihm im Bett. Da es dann noch ewig dauert, bis er auch wirklich schläft, ist der gemeinsame Abend damit gelaufen.


Wenn wir im Restaurant sind, dann bemühen wir uns schon frühzeitig, zu essen und rechtzeitig nach Hause zu gehen.

Das ist auf die Dauer sehr, sehr unbefriedigend aber wir wissen derzeit nicht, wie wir das verändern können.