2009 bereisten wir zwei Monate lang Singapur, Hongkong, Vietnam und Kambodscha in Südostasien. Für Vietnam hatten wir drei Wochen eingeplant.
Mit Flugzeug, Zug und Auto ging es von Hanoi und der Halong Bucht im Norden, über Danang, Hoi An, Quy Nhon in der Mitte, bis nach Mui Ne und Saigon im Süden. Wie immer hatten wir die komplette Reise allein geplant und auch alle Flüge, Schiffstouren und die Hotels im Internet gebucht.
Schon damals waren wir total begeistert von allem was dort sahen und erlebten. Nicht nur die quirligen Städte Hanoi und Saigon, sondern besonders die Küstenorte am „Chinesischen Meer“ oder der Ostsee, wie die Vietnamesen sagen, haben uns beeindruckt.
Nach dem tollen Aufenthalt war uns klar, wir müssen unbedingt wieder kommen.
Im Winter 2014 bei einer Reise durch Malaysia und Thailand hatten wir dann eine erneute Zufallsbegegnung mit Vietnam, die unser Leben sehr veränderte. Eigentlich wollten wir nur Urlaub machen aber dann kam es doch ganz anders.
In Hua Hin (Thailand) lernten wir die vietnamesische Gastarbeiterin Luong kennen, die dort als Kellnerin in einem Seafood-Restaurant arbeitete und uns vier Wochen lang immer bediente. Ihr Fleiß und ihre Freundlichkeit beeindruckten uns sehr und so kamen wir auf Englisch oft ins Gespräch.
Wir erfuhren, dass sie etwa 7 Euro für mehr als zehn Stunden Arbeit am Tag bekam. Gemeinsam lebte sie mit fünf anderen Frauen in einem winzigen Zimmer auf Matratzenlagern. Dafür musste sie 40 Euro im Monat bezahlen. Das gesamte gesparte Geld sandte sie ihrer Mutter, damit sie ihren beiden Söhnen Minh und Dung das Essen und das Geld für Schule und Kindergarten in Vietnam bezahlen kann. Sie nahm uns mit zu den Arbeitsstellen anderer Landsleute, die in Thailand überall die schweren Arbeiten leisten und in schrecklichen Gemeinschaftsunterkünften wohnen.
Als wir diese Zustände sahen, beschlossen wir wenigstens Luong und ihren Kindern zu helfen, die stark unter der Trennung litten.
Unsere Hilfe sollte aber auch unbedingt zur Selbsthilfe sein. Deshalb besprachen wir mit Luong, dass wir eine Patenschaft (Godchild) für sie übernehmen und sie fünf Jahre lang mit ihren Kindern finanziell unterstützen werden. Mit unserer Hilfe und tatkräftigen Unterstützung soll sie sich eine bessere Zukunft in Vietnam aufbauen können, vielleicht im Bereich Tourismus. Uns schwebte vor einen kleinen Laden, ein kleines Cafe oder ein Touristenbüro für sie zu eröffnen.
Bevor wir dann Ende Februar zurück nach Deutschland fliegen mussten, brachten wir Luong nach Bangkok und buchten für sie einen Flug nach Vietnam, damit sie wieder schnell nachhause kommen konnte.
Bereits drei Wochen später Im März 2014 flogen wir erneut nach Vietnam und reisten gemeinsam mit Luong von Saigon aus 3.400 km durchs Land, um vor allem ihre ganze Familie aufzusuchen, damit wir uns gegenseitig besser kennen lernen können.
Sie gehört zur katholischen Minderheit in Vietnam und trotz der großen Armut wurde immer sehr viel Wert auf die Bildung aller Kinder gelegt.
Zuerst reisten wir in den Norden nach Vinh und Ha Tinh, wo Luongs Eltern eine sehr kleine Farm mit Reisanbau bewirtschaften. Hier lernten wir Luongs hart arbeitende Mutter kennen, die sich während der Abwesenheit von Luong um die beiden Kinder kümmert.
Von dort aus fuhren wir mit dem Zug zur deutschen Botschaft nach Hanoi, damit Luong dort einen Antrag für ein Besuchsvisum einreichen kann. Wir meinten, zur Vorbereitung einer Tätigkeit im Tourismus, wäre es das Beste wenn Luong uns in Deutschland drei Monate lang besuchen würde. Hier bei uns zuhause wollten wir ihr Land und Leute zeigen, sie zu Deutschkursen schicken und ihre Computerkenntnisse verbessern.
Mit unserer Unterstützung in Hanoi stellte Luong bei der deutschen Botschaft einen Antrag auf ein dreimonatiges Schengen Visum, um uns in Deutschland besuchen zu können. Dafür hatten wir alle ihre Antragsformulare perfekt ausgefüllt und vorher bereits wie gefordert alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen in Deutschland eingeholt. Es wurde eine Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen, ein Rückflugticket gekauft. Dazu eine komplette Kostenübernahme durch uns, mit einer Verpflichtungserklärung bei der Ausländerbehörde verbürgt.
Gemeinsam mussten wir nach elf Tagen Wartezeit in Hanoi entsetzt erleben, wie der verantwortliche Mitarbeiter der deutschen Botschaft voller Arroganz und absolut unbegründet das Visum verweigerte.
Alle meine Versuche sowohl in der Botschaft als auch später in Deutschland beim Auswärtigen Amt in Berlin eine Rücknahme des Ablehnungsbescheides zu erreichen scheiterten. Meine Schreiben u. a. an den Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier wurden zwar mehrfach umfangreich beantwortet, man schrieb man versteht unsere Empörung, aber das Auswärtige Amt stellte sich weiter schützend vor ihren Mitarbeiter in Hanoi und betonte „er hätte eben seinen vorhandenen Ermessensspielraum genutzt“.
Eine mögliche Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin, die sicher gute Erfolgschancen gehabt hätte, hat Luong dann auf unseren Rat nicht eingereicht, da nur weitere immense Kosten und Zeitverzögerungen auf uns zugekommen wären.
Immer wieder wurden wir in Vietnam und in Deutschland befragt, weshalb Luong nicht nach Deutschland einreisen durfte, obwohl wir doch alles finanziert hätten. Darauf konnten wir auch keine Antwort geben.
Wir vermuten nur, arme Menschen sind in Deutschland nicht gern gesehen. Reiche haben es viel einfacher zu uns zu kommen.
So waren wir gezwungen schnell Alternativen zu entwickeln. Maßlos enttäuscht von den Botschaftsangehörigen flogen wir für einige Tage in den Küstenort Nha Trang, das älteste Seebad von Vietnam, um uns für unser Vorhaben das Potenzial des Ortes anzuschauen.
Luong kannte Nha Trang gut, da sie jahrelang hier zur Schule gegangen war. Nha Trang mit seinem tollen Strand gefiel uns sofort richtig gut. So waren wir uns bald sicher, dass hier in dieser Touristenmetropole ab Herbst 2014 die Zukunft für Luong und ihre Kinder aufgebaut werden kann.
Bevor wir Mitte April wieder zurück nach Deutschland mussten, wollten wir noch die anderen Familienmitglieder kennenlernen. Dazu fuhren wir die 160 km mit dem Auto von Nha Trang nach Buon Ma Thout, der Hauptstadt der Provinz Daklak. Von hier aus waren es nur 50 Kilometer bis zur kleinen Kaffeefarm ihres Vaters bei Buon Ho.
Ihr Vater, eine Schwester und ein Bruder, bewirtschaften die Farm zusätzlich zur Reis Farm in der eintausend Kilometer entfernt liegenden Heimat in Ha Tinh. Wir wurden begeistert empfangen, da wurde für uns gekocht und alle Nachbarn kamen zusammen, um uns zu beschauen. Einige Tage blieben wir dort und lernten vieles über Kaffeeanbau aber auch wie man Schlangen fängt, die dann an Gourmetrestaurants verkauft werden.
In Saigon vor unserem Abflug trafen wir uns mit vier weiteren Geschwistern von Luong. Zwei Brüder studieren Jura oder Architektur, ein Bruder ist bereits Jurist und eine Schwester ist Lehrerin.